Wofür atmen wir? Kurz gesagt, um Sauerstoff zu bekommen, in den Körper zu transportieren, dort CO2 zu bekommen und wenn es in der Lunge abgegeben wird, dies loszuwerden. Einatmen – O2 rein, ausatmen – CO2 raus. So gesehen ist unser Leben ein Gasaustausch.
Wie ist das möglich? Die Lungen liegen in einem Pleurasack im Brustkorb, dieser Sack hat 2 Schichten mit einer Gleitflüssigkeit dazwischen. Die eine Schicht ist an den Lungenflügeln befestigt, die andere an den Rippen. Wenn die Rippen sich bewegen und der Brustkorb DADURCH sich weitet, entfalten sich die Lungen und die Luft strömt ein, wenn der Brustkorb sich verengt, wird die Luft rausgepresst.
Hinweis N1: der Gasaustausch findet ausschliesslich im UNTEREN Lungendrittel statt!
Wie geschieht das physiologisch? Wir haben eine 10 Rippen-Konstruktion, so ein relativ abgerundeter Gitterkäfig, der einerseits hart und schützend ist und andererseits beweglich – er schützt die Lungen vor der Gewalteinwirkung von aussen und lässt die Lungen erst arbeiten.
Unter der letzten Rippenreihe befindet sich das Zwerchfell, wie eine grosse Membran, teils muskulär, teils sehnig mit Löchern für die Gefässe und die Schläuche. Das Zwerchfell ist an den Rippen und an der Wirbelsäule befestigt – letzteres an L2 – L4 mittels Füsschen, die von Nervus Vagus inerviert werden. Beim Einatmen ziehen sich die Füsschen zusammen und senken das Zwerchfell, dieses entfaltet sich wie ein Schirm (entspannt steht das Zwerchfell wie ein Flachdachzelt nach oben, beim anspannen legt sich dieses Zelt flach auf den „Boden“). Die Rippen werden zur Seite bewegt und da sie nur vorne und hinten flexibel befestigt sind, drehen sie sich wie die Eimerhenkel nach aussen und hoch (stellt Euch vor, wie der Eimerhenkel sich bewegen kann – so machen das unsere Rippen). Der Pleurasack zieht die Lungen hinterher, diese entfalten sich und der Kreislauf des Lebens findet statt.
Hinweis N2: Rippen bewegen sich wie die Henkel des Eimers!
Anschliessend arbeiten sehr viele Muskeln daran, den Brustkorb zu verengen, wodurch die Rippen zurück kommen und die Lunge ausgepresst wird. Passiv. Auch wenn wir durchaus im Stande sind, all diese Muskeln bewusst wahrzunehmen und auch zu steuern. Aber dazu nur bei Eurem Interesse und später.
Also muss ich so atmen, dass meine Rippen im unteren Drittel des Brustkorbs (siehe Hinweis N1) sich bewegen. Nicht oben, nicht vorne und nicht gar nicht.
Physiologische Atmung geschieht dorthin, wo die Beweglichkeit der Rippen physiologisch am grössten ist. Irgendwie logisch, oder?
Vorne ist das harte Brustbein, Rippen, die mittels Knorpel am Brustbein ansetzen. Beweglichkeit praktisch Null.
Hinten ist die Brustwirbelsäule mit den Rippengelenken, die die notwendige Beweglichkeit hergeben.
Wohin also atmen? in den Rücken! Am besten auch dorthin, wo die Zwerchfellfüsschen sind, damit das Zwerchfell sich senkt und unser Ziel sofort erreicht wird.
Hinweis N3: Einatmen in den Rücken!
wo ist der Beweis der richtigen Atmung – die Eimerhenkel-Rippenbewegung seitlich am Brustkorb, da dort diese Bewegung am einfachsten zu spüren ist – wie auch am Eimerhenkel selbst.
Hände seitlich auf die Rippen, einatmen und spüren – DEUTLICHE Bewegung oder doch eher nicht.
Also Zwischenfazit, unterer Drittel, seitliche Henkelbewegung der Rippen, in den Rücken.
Was ist nun mit dem Bauch? Existenzielle Frage des Lebens.
Im Bauch liegen innere Organe, die ihre senkrechte Architektur haben. Hinten sind sie durch die Wirbelsäule, Brustkorb und Becken geschützt, seitlich – durch den Brustkorb und Beckenschaufeln. Vorne ist leider ein anderes Bild – zwischen dem harten Brustkorb und Schambein liegen ausschliesslich weiche Strukturen, die ihre Funktion als Senkrechterhalter der Architektur der inneren Organe ausführen müssen. Wenn ich bei jedem Atemzug meinen Bauch entspanne und nach vorne fallen lasse, so lasse ich auch meinen Darm nach vorne fallen – er mag das nicht, er wird meckern, sich entzünden, anschwellen. Die Wirbelsäule wird sich krümmen, die Lordosen (LWS und HWS) und die Kyphosen (Kreuzbein und BWS) werden sich verstärken, die entsprechenden Muskeln passiv arbeiten und verspannen. Und das wichtigste – das Zwerchfell wird nicht anspannen. Ihr könnt es versuchen – Hände auf die seitlichen Rippen und in den Bauch einatmen – Eimerhenkelbewegung oder doch eher Alles im Eimer? Und so bei JEDEM Atemzug.
wenn ich aber das obergeschriebene verinnerlicht habe und in den Rücken einatme, so brauche ich nur meinen Bauch minimal anzuspannen, um ihn am Nachvornefallen zu hindern, falls ich davor immer in den Bauch geatmet habe. Bauch bleibt flach, der durch das absenken des Zwerchfells erzeugte Druck in der Bauchhöhle geht nach UNTEN (und nicht nach VORNE) Richtung Anus (statt Richtung Bauchnabel oder Blase), der entspannt sich (anfangs machen wir das bewusst), der Beckenboden senkt sich hinten, hebt sich vorne, um die Blase zu stützen. Das ist Physiologie, die ganzheitlich gesund ist. Die Wirbelsäule streckt sich, die Bandscheiben ziehen Wasser, wir werden grösser und aufrechter. Der Darm dankt.
wenn ich mein Zwerchfell nicht nutze – keine Rippenbewegungen wie Eimerhenkel, dann arbeitet massenhaft die Hilfsmuskulatur, um die Lungen wenigstens irgendwie zu füllen. Ja ohne nennenswerten Gasaustausch, was zu Müdigkeit und Erschöpfung, Sauerstoffmangel und noch mehr führt. Unschön.
Hilfsmuskulatur – das ist alles, was die Rippen bewegen kann, wen schon nicht seitlich (das kann nur das Zwerchfell), dann wenigstens nach oben. Aufgepasst, jetzt kommen Eure Symptome:
Scaleni ziehen die 1-2. Rippen nach oben, klemmen den Gefäss-Nerven-Bündel unter dem Schlüsselbein ein – taube Finger und Hände, Karpaltunnelsyndrom, ziehen in den Arm.
Trapez spannt an – hebt Schultern zum Kopf, zieht Kopf zum Brustkorb. Oberer Trapez spannt an und verspannt, unterer Trapez ist nicht funktionstüchtig, da als Gegenspieler des oberen dient.
Rippenheber (Atlas, Axis, C3 -C5)
All das hebt die Schultern hoch, führt zu Unbeweglichkeit des Brustkorbs und der BWS (muss beweglich sein), HWS und LWS destabilisieren sich, Schmerzen überall als Folge. Durch ständige Nackenspannungen zu wenig Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Gehirns – Brain Fog, Rauschen, Tinitus, Depressionen, Erschöpfung (auch innere Organe erleiden hier den Sauerstoffhunger).
ich vergass beinahe Spezies Baucheinzieher. Ständig angespannte Bauchmuskeln sind erstens permanent arbeitende Beuger (Bauchmuskel ist unser Beuger), keine Möglichkeit für die Strecker (hintere Muskulatur) die Körperhaltung zu erschaffen!
permanent hoher Druck in der Bauchhöhle – irgendwohin muss er ja sich verteilen – entweder presst er das Zwerchfell hoch und erschafft unter anderem eine Lungeninssufizienz (und Herz leidet auch, da es auf dem Zwerchfell liegt) und Asthma!!! ODER die Organe des kleinen Beckens (Gebärmutter, Blase, Prostata, Enddarm) werden nach unten gepresst und leiden, Beckenboden inaktiv. Ganzheitliche Misere so oder so.
Und schön ist so ein Bauch auch nicht. Von Aussen betrachtet sieht man den Bauch und auch den komplett unbewegliche festgefrorene Brustkorb. Also, lieber nicht, oder?
Ein Appel an alle, die entweder an Nackenspannungen leiden, Bauch einziehen oder Bauchatmunganhänger sind – lest alles noch mal. Alles liegt in unseren Händen und alles ist unsere Wahl.
Wie kann ich umlernen – und JA, DAS GEHT.
Hier für die Grundlagen:
Hier für mehr Variabilität und Ideenreichtum: Marathon Gesunde Atmung, bestehend aus 12 Episoden und 2 Streams
Hier ein Stream zum Thema „Ganzheitliche Wirkung der Physiologischen Atmung“
Unser Leben beginnt mit dem ersten Atemzug. Atmung ist der erste von zwei wichtigsten Pattern des Menschen. Der zweite ist das Gehen. Beide unterscheiden uns von allen anderen Lebewesen dieser Erde. Lasst uns das Beste daraus machen.